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Vertreibung aus dem Paradies

18 Juni 2013 von B. J.

Ich sitze im Traum neben meiner Geliebten, sie schaut in den blauen Himmel und ich in ihre blauen Augen. Sie kennt sich mit Spirituellem aus, ich mit Spirituosen. Fleißig füllt sie ihr Tagebuch, während meine Gedanken fliegen. Was man schreibt, kann man nicht zerreden, sagt sie. Schreiben ist gefährlicher als Reden, finde ich. Schwarz auf weiß lässt es sich dem Urheber vor die Nase halten, wo sich bereits der sanfte Schleier des Vergessen legte. Mit dem Fahrrad durch den Park, zum Eiscafe.  Da sei das Zahnritzel noch nicht wirklich warm gefahren, drum radelt sie gerne auch zum See. Ich spiele mit meinen Sprachklötzchen, türme sie aufeinander,  werfe sie um und stelle wieder eins über den anderen – am liebsten wäre ich selber getürmt. Auf der Wiese wird ein Mann von seiner betrunkenen Freundin verprügelt, schnell wollte ich an ihnen vorbei, aber er kam mir schon geküsst entgegen.

Sie geht aus dem Netz, gehe im Internet nun doch nicht – essen, trinken und all die körperlichen Sinne befriedigen. Da muss sie sich jetzt mal für abmelden. Wieder dieser mühsame Traum, dass ich auf Reise zu viel Sachen mit mir schleppe, die ich dann Stück bei Stück verliere. Sie findet das sehr befreiend, wenn’s weniger ist. Vor allem auf den Hüften. Vor drei Wochen saßen ihre Hosen noch locker, erzählt sie, das sei ein super blödes Gefühl, wenn die eng sind. Das mag sie überhaupt nicht. Ich denke an meine Hose, wenn die vorne eng wird und dass ich das mit einem sehr angenehmen Gefühl verbinde. Schnell versuche ich den Gedanken los zu werden, damit es nicht peinlich wird. Obwohl – klasse Körpergefühl. Sie sagt, sie brauche für eine Radtour ein gutes Körpergefühl. Höflich stimme ich ihr zu.

Bei allem Hunger, den sie machen könnte, weigere sie sich aber auf jeden Fall für den Körperzuwachs bei anderen verantwortlich zu sein. Bei mir bläht sich der Bauch, alles andere bleibt dünn, was mich wie ein erstes Männeken-Malversuch eines kleines Kindes aussehen lässt. Du sollst dich nicht zum Gott erheben und du sollst keine Göttinnen neben mir haben, sagt sie und schreibt weiter in ihrem Tagebuch.

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