Im Verfahren mit Aktenzeichen I-13 U 106/18 steht im Dieselskandal Volkswagen eine richtungsweisende Niederlage bevor. Verklagt wird ein VW Händler aus Düsseldorf auf Rückabwicklung des Kaufvertrages über einen VW Passat Diesel mit EA189 Motor, Kaufdatum 26.06.2013.
VW fürchtet die als richtungsweisend geltenden Entscheidungen der Oberlandesgerichte und vor allem des Bundesgerichtshofes. Trotz zigtausender Zivilverfahren in Deutschland landen nur Einzelfälle als Berufungs- oder Revisionsverfahren vor Oberlandesgerichten und dem Bundesgerichtshof. Der BGH hat sich Anfang des Jahres in einem Beschluss auf die Seite der geschädigten Kläger gestellt.
Volkswagen konnte bisher mit Vergleichen – also mit an Geldzahlung, Stillschweigen und Beendigung der Verfahren geknüpfte Verträge – ein Urteil vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf verhindern. Nicht so in diesem Verfahren.
Am gestrigen Donnerstag, den 29.08.2019 fand, die mündliche Verhandlung vor dem OLG Düsseldorf in der Sache statt. Das Gericht stellte klar, dass die Klage auf Rückabwicklung des Kaufvertrages Erfolg haben wird.
Frank Samirae, der Kläger in dem Verfahren ist Mitglied des Rates der Stadt Bergisch Gladbach (Bürgerpartei GL). Ein Vergleichsangebot, das ein solches Urteil verhindern sollte, lehnt Samirae ab. Er will eine Entscheidung des Gerichts erzwingen, um auch für andere vom Abgasskandal betroffene Diesel-Besitzer rechtliche Klarheit zu schaffen.
„Wir möchten mit dem ersten Urteil im VW-Dieselskandal am OLG Düsseldorf Rechtsklarheit schaffen. Volkswagen wollte bei uns kurz vor Termin mit etwas Geld und Knebelvertrag das Verfahren beenden. Das war schon eine Unverschämtheit. Es geht nicht, die Justiz auf diese Art mit hunderten Verfahren lahmzulegen.“ – so Samirae.
Problem 1: Die Justiz stellt die Strategie von VW vor mehrere Probleme. Da ist der Arbeitsaufwand für die ohnehin schon überlasteten Gerichte. Wenn ein Verfahren terminiert wird, dann wird beim Oberlandesgericht die Entscheidung schriftlich vorbereitet. Das bedeutet, dass ein Entscheidungsentwurf erstellt wird, der dann auch Grundlage der Beratung ist. In diesen Fällen, wo man davon ausgeht, dass eine Vielzahl weiterer Fälle betroffen ist und dass es vermutlich auch zu einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs kommen wird, wird ausführlich vorbereitet.
Problem 2: Es kommt nicht zu Grundsatzentscheidungen, die Rechtssicherheit schaffen könnten. Offene Fragen bleiben ungeklärt. „Wird in einer so wichtigen Sache wie dieser die Revision zurückgenommen, ist das insbesondere für die unteren Instanzen sehr enttäuschend. Dort liegt eine Menge an Verfahren und die Richter warten auf eine Grundsatzentscheidung des Bundesgerichtshofs, an der sie sich orientieren können.
Kurzfristige Einigungen die Strategie von VW
Hinter dem Vergleichsversuch kurz vor Gerichtstermin, steckt eine Verzögerungs- und Überlastungstaktik. Die Verfahren sollen in die Länge gezogen die Justiz überlastet werden. Frank Samirae sieht hierin vor Allem finanzielle Motive der Volkswagen AG. „Der Konzern rechnet mit einer höheren Laufleistung je länger sich ein Prozess hinzieht. VW berechnet kaltblütig: Denn so wird ein möglicher Nutzungsersatz in Geld für gefahrene Kilometer zum Milliardengeschäft.“ – so Samirae weiter.
Alleine am Oberlandesgericht Düsseldorf sind rund 1500 Verfahren gegen die Volkswagen AG anhängig. Das entspricht rund jedem dritten Verfahren. Hinzu kommen noch die vielen Klagen gegen die VW Händler, welche durch die Justiz zahlenmäßig gar nicht genau erfasst werden können.
Der Gerichtsbezirk des
OLG Düsseldorf umfasst die Landgerichtsbezirke Kleve, Duisburg, Krefeld,
Düsseldorf, Mönchengladbach und Wuppertal. Schätzungen zu Folge befinden sich
derzeit in den Landgerichtsinstanzen rund 8500 gegen die Volkswagen AG und/oder
VW Händler. Der durchschnittliche Streitwert beträgt 25.000 Euro.Rechnet man so
die Streitwerte zusammen: 25.000 Euro * 8500 Verfahren 1. Instanz + 250.000
Euro 1500 Verfahren 2. Instanz kommen wir auf eine Streitwertsumme von 250
Millionen Euro im OLG Gerichtsbezirk Düsseldorf.
Das Urteil im Verfahren I-13 U 106/18 gegen die Volkswagen wird im Zeitraum
Oktober – November 2019 erwartet.