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Realnamenspflicht bei Facebook bald Geschichte?

25 Dezember 2012 von Darian Lambert

„Facebook und Datenschutz“ sind wie Feuer und Wasser meint Frank Samirae IT Unternehmer aus Bergisch Gladbach. „Viele Nutzer, besonders junge Leute oder auch Anwender mit wenig PC Erfahrung nutzen das soziale Netzwerk Facebook leider ohne die Verwendung Ihrer persönlichen Daten zu hinterfragen.“ so Samirae weiter. Er beschreibt uns ein wesentliches Datenschutz – Problem bei Facebook:

Bei Facebook kann besonders die Realnamenspflicht (auch Klarnamenspflicht), also die Pflicht sich unter seinem bürgerlichen Namen zu registrieren, zum Problem werden. Das Unternehmen schreibt in seinen Nutzungsbedingungen die Verwendung von Realnamen vor. Die Nichtbeachtung dieser Vorgabe sei vergleichbar mit einer privaten Party, zu der nur namentlich bekannte Gäste eingeladen seien und auf die plötzlich alle möglichen Leute mit gefälschten Identitäten kämen. Facebook beansprucht darüber hinaus das Recht, die Bedingungen der Nutzung des Dienstes festzulegen und auch durchzusetzen.

Es ist freilich unschwer zu erkennen das der Vergleich Social Network und private Party ziemlich hinkt. Widmen wir uns doch einfach den praxisrelevanten Auswirkungen von Facebook. Die Bewerberrecherche im Internet also den Bewerber mal „googlen“ ist nichts Ungewöhnliches mehr und ein alter Hut. Nun kommt aber hinzu, dass Bewerber auch über Social Networks durchleuchtet werden können. Kritische Kommentare zu „Stuttgart 21“ oder der „Atomenergie“ können schnell den Arbeitsplatz kosten bzw. zur Nichteinstellung führen. Ebenso wenig kommt Begeisterung auf (bei der Personalabteilung) bei Bewerbern die ein Facebookprofil voller Bilder von sich auf einem Betriebsstreik haben.

Der Gesetzgeber arbeitet schon lange am neuen Beschäftigtendatenschutzgesetz, welches die Möglichkeiten der Recherche regeln soll. Das Gesetz steckt leider derzeit fest und auch wenn ein solches verabschiedet werden würde, hält sich mit Sicherheit nicht jeder dran.

Konstantin von Notz mit Datenschützern in Berlin

Konstantin von Notz mit Datenschützern

Demnach könnte man seine Daten wirklich nur effektiv vor unberechtigtem Zugriff oder vor  unliebsamen Ausspähen schützen mit einer Namensabkürzung wie z.B. „Manuela Lü“ oder einem Pseudonym. „Eine Realnamenspflicht gibt es in Deutschland nicht“ – betont  Konstantin von Notz, Bundestagsabgeordneter für die Grünen auf dem letzten DTB Forum für Datenschutz in Berlin. „Sie können sich einfach einen Namen oder ein Pseudonym aussuchen. Dabei werden keinerlei Gesetze hierzulande gebrochen.“ Der grüne Abgeordente mit großer Kompetenz für den Datenschutz geht davon aus, dass unsere Gesellschaft derzeit in einer Phase der digitalen Dauerrevolution steckt. Dabei macht man sich oftmals erst nach der Einführung eines neuen Mediums ernsthafte Gedanken um den Datenschutz.

Mit dem Datenschutz und den Gesetzen nimmt es Facebook aber nicht so genau. Unter Androhung von Löschung fordert das Unternehmen, Konten mit Realnamen zu registrieren. „Falsche persönliche Informationen“ sind demnach ebenso untersagt wie Kontaktdaten, die nicht „auf dem neuesten Stand“ sind.

Der Datenschutzbeauftragte des Landes Schleswig-Holstein, Thilo Weichert, will den Datenschutz mit mehr Anonymität beim weltgrößten Online-Netzwerk nun durchsetzten. Alle Nutzer aus Schleswig-Holstein müssten sich statt der Angabe echter Informationen zu ihrer Person auch unter einem Pseudonym registrieren können, forderte Weicherts Unabhängiges Landeszentrum für Datenschutz. Die Klarnamenpolitik von Facebook verstoße gegen das deutsche Telemediengesetz, meint Weichert und trifft bei IT Fachmann Frank Samirae damit auf Zustimmung. „Stellen Sie sich einfach vor, Sie müssten mit Ihren Daten zwingend im Telefonbuch stehen. Das ist für mich das Gleiche wie bei Facebook meinen bürgerlichen Namen anzugeben. Mit der Privatnummer möchten viele Menschen verständlicher Weise nicht im Telefonbuch stehen. Man will sich vor Belästigungen schützen oder einfach nicht gestört werden, es kann viele Gründe haben. Der Gesetzgeber hat dies erkannt und auch geregelt, denn Telefonanschlüsse sind nicht neu, Telemedien wie Facebook und Co. sind es übrigens auch nicht. Endlich greift der erste Datenschutzbeauftragte durch und macht sich für die Menschen stark.“ Thilo Weicherts unabhängiges Landeszentrum fordert dass Facebook den §13 Abs. 6 TMG beachten muss. „Diese Regelung steht mit europäischem Recht in Einklang und dient u. a. dazu, im Internet die Grundrechte und insbesondere das Grundrecht auf Meinungsfreiheit zu wahren. Der Gesetzgeber hat damit klargestellt, dass sich Nutzer von Internetdiensten wie Facebook dort weitgehend unbeobachtet und ohne Angst vor unliebsamen Folgen bewegen können.“ Nur noch bis Jahresende hat Facebook Zeit entsprechende Änderungen durchzuführen, sonst drohen dem Unternehmen 20.000 € Strafe.

Schon vor über einem Jahr hatte sich übrigens die Electronic Frontier Foundation (EFF) gegen die Klarnamenpflicht ausgesprochen. Ihr zufolge tragen Pseudonyme zum Schutz der Privatsphäre bei. Facebooks damalige Marketingdirektorin Randi Zuckerberg hatte sich hingegen für die Verwendung von echten Namen in der Onlinewelt ausgesprochen, weil dadurch das Problem des Cyberbullying aus der Welt geschafft werden könne. Sie vertrat damit eine ähnliche Haltung wie der frühere Google-CEO Eric Schmidt, der Anonymität als “gefährlich” bezeichnete.

„Einer Datenschleuder wie Facebook den Datenschutz beizubringen wird sicherlich interessant. Wegen der Klarnamenspflicht befürchten sogar viele Internetnutzer, dass Meinungen abseits des Mainstreams so nicht mehr geäußert würden. Sie sehen darin eine Gefahr für die Meinungsvielfalt. Den Effekt habe ich auch im Internet beobachtet.“ – berichtet Frank Samirae.

Hierzu gibt es sogar einschlägige wissenschaftliche Studien. Arvid Kappas von der Jacobs University Bremen ist Professor für Psychologie und fand heraus: Die Klarnamenpflicht führt zur Selbstzensur. Kappas Studie belegt, dass wenn Menschen gezwungen werden mit ihrem Namen für ihre Aussagen geradezustehen, sagen sie nicht immer das, was sie eigentlich meinen. Kurz gesagt: Sie zensieren sich selbst. Deswegen protestierten so viele Netzaktivisten gegen den Vorstoß von Innenminister Hans-Peter Friedrich, dass Internetnutzer mit „offenem Visier“ kommentieren sollen.

„Gerade solche Politiker wie unser Innenminister Friedrich bekleckern sich nicht unbedingt mit Ruhm beim Umgang mit Bürgerrechten im Zusammenhang mit dem Internet. Ich fürchte sogar mit seiner verqueren Haltung hat er bei der Union und leider auch bei der sonst für die Rechte des Individuums sich stark machenden FDP Nachahmer gefunden, besonders bei Politikern aus der 2ten und 3ten Reihe. Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) wollte der Anonymität radikaler Blogger im Internet ein Ende setzen. Hierfür hat Friedrich parteiübergreifende Kritik geerntet und dies zu Recht, denn er untergräbt damit hierzulande Meinungs- und Pressefreiheit.“ – schließt Samirae.

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