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Jahrhundertregen in Bergisch Gladbach

26 Juni 2013 von Darian Lambert

HochwasserAm Donnerstag, 20. Juni 2013, überzog eine heftige Gewitter- und Regenfront auch Bergisch Gladbach. Vielen Bürgerinnen und Bürgern wird dieses Ereignis mit seinen weit reichenden Folgen in schlechter Erinnerung bleiben. Grund genug für Bürgermeister Lutz Urbach, Bilanz zu ziehen und der Öffentlichkeit Rede und Antwort zu stehen.

Bericht über die Einsätze der Feuerwehr und der Mitarbeiter des Abwasserwerks

Der Einsatz von Feuerwehr und Kräften des Abwasserwerkes dauerte von etwa 12:30 bis etwa 1:00 Uhr. Die Feuerwehr Bergisch Gladbach löste Stadtalarm aus, d.h. es wurden neben den hauptamtlichen Beamten der beiden Feuerwachen sämtliche ehrenamtlichen Einsatzkräfte der fünf Löscheinheiten alarmiert. Zusätzlich wurden die Mitglieder der Feuerwehr-Einsatzleitung alarmiert. Diese leiteten im „Abrollbehälter-Einsatzleitung“ in der Feuerwache Nord alle Einsätze im Stadtgebiet Bergisch Gladbach.

Die Feuerwehr Bergisch Gladbach bearbeitete so rund 140 Einsätze, die jedoch teils mehrere anliegende Gebäude umfassten. Eingesetzt waren 155 Einsatzkräfte von Feuerwehr (Bergisch Gladbach, Burscheid und Köln), Technischem Hilfswerk und des Deutschem Roten Kreuz. Neben vier Sturmschäden bestimmten im Wesentlichen Wasserschäden (vollgelaufene Keller, etc.) die Arbeiten. In einigen Straßen musste auch der Strom abgeschaltet werden.

Mit der Entfernung von Treibgut und der Reinigung der Rechen und Durchlässe im Stadtgebiet waren vor allem die Mitarbeiter des Abwasserwerks beschäftigt. Aufgrund der Unwetterwarnung des Deutschen Wetterdienstes wurden alle Mitarbeiter der Kanal- und Gewässerunterhaltung schon vor den Regengüssen aufgefordert, von ihren jeweiligen Einsatzstellen zum Betriebsgelände der Kläranlage Beningsfeld zu kommen, um zentral auf die zu erwartenden Ereignisse reagieren zu können. Auf diesen Fahrten wurde außerplanmäßig der Zustand der bedeutsamsten Rechen und Durchlässe nochmals kontrolliert.

Zu dieser „SOS-Tour“ gehören die 23 Rechen und Durchlässe (10 in Bensberg und 13 in Alt-Bergisch Gladbach) mit dem größten Schadenspotential, die grundsätzlich mit oberster Priorität während und nach Starkregengüssen zur Reinigung angefahren werden. Übrigens: Auch im normalen Arbeitsalltag werden die insgesamt 142 Rechen und Durchlässe routinemäßig überprüft.

Die Mitarbeiter des Abwasserwerks waren also in Bereitschaft: 37 Personen rückten in 21 Fahrzeugen (PKW, LKW) frühzeitig aus. So waren ca. 30 Minuten nachdem der Regen eingesetzt hatte, fünf Mitarbeiter an der Buchmühle, um die beiden Rechen (Höhe VHS und danach Odenthaler Straße) vom Treibgut zu befreien. Aus 50 Pumpstationen waren weitere 300 Alarmmeldungen abzuarbeiten. Allein 25 Stationen meldeten Überfüllung. Die Einsätze liefen bis 20.00 Uhr, danach fuhren fünf Mitarbeiter nochmals die Rechen und Durchlässe ab. Diese waren auch am Freitag Hauptarbeitsgebiet der Kollegen.

Einordnung des Naturereignisses

Die Wetterfront am 20. Juni zählt zu den so genannten „100jährigen Ereignissen“. Um ein solches Naturereignis einstufen zu können, werden die Niederschlagsmenge und die Zeit des Niederschlags in Verbindung gesetzt. Am vergangen Donnerstag wurden in Bergisch Gladbach bis zu 51 Liter Regenwasser pro m² in 45 Minuten gemessen, das entspricht in etwa der durchschnittlichen Niederschlagsmenge eines Monats und kommt „alle 100 Jahre vor“.

Auswertung des Regenereignisses am 20.06.2013:
Station
Menge/Zeit*
Jährlichkeit
Menge bei 5-jährlichkeit
Rathaus Bensberg 45,5l/m² in 55min.
ca. 30
30l/m² in 60min.
Kläranlage Beningsfeld 29,3l/m² in 45min.
ca. 7
27,8l/m² in 45min.
HRB Hebborner Hof 50,7l/m² in 45min.
100
27,8l/m² in 45min.
* Zeitraum, innerhalb dessen der stärkste Niederschlag gefallen ist


Für solche Wassermassen in dieser kurzen Zeit sind weder die natürlichen Bachläufe noch die städtische Kanalisation geschaffen. Zum Vergleich ist in der letzten Spalte die Menge eines 5jährigen Ereignisses bei gleicher Zeitdauer dargestellt.  Auf ein solches 5jähriges Ereignis ist ein Kanalnetz in der Regel ausgelegt – auch das der Stadt Bergisch Gladbach. Bei 45 Minuten Regendauer wären das 28 Liter je m². Tatsächlich fiel fast die doppelte Regenmenge.

Leistung der Regenrückhaltebecken, der Pumpstation Buchmühle und der Abwasserwege am 20. Juni  

Alle städtischen Rückhaltebecken waren durch den Jahrhundertregen – je nach Lage – überwiegend oder ganz gefüllt. Dies gilt z.B. für die Rückhaltungen im Kanalnetz in Hebborn (Johannesstraße/Rommerscheider Straße und Alte Wipperfürther Straße), die das dortige Gebiet überwiegend vor Überflutungen schützten. Auch das große Becken im Hebborner Bach am Stadtrand war gut gefüllt. Im Verlauf des Strunder Baches war z.B. die Anlage Kieppemühle randvoll und am Frankenforstbach die Überlaufbecken aus der Mischwasserkanalisation  An der Schmitten/Olefant und Taubenstraße.

Auch die nicht dem Hochwasserschutz dienenden Anlagen mit überwiegend ökologischer Funktion waren gefüllt, z.B. das Becken Dechant-Müller-Straße/ Cederwaldstraße.

Zahlreiche Rechen wie der an der Odenthaler Straße waren vom Treibgut verstopft. Teilweise handelte es sich hier um weggeschwemmte Dinge aus Privatbesitz, im Wesentlichen aber um Treibholz aus Gärten und Wäldern.

Am tiefsten Punkt der Buchmühle befindet sich eine Pumpstation, die das Wasser in den „Strundekanal“ abführt, den unterirdischen Verlauf der Strunde. Diese Pumpstation schafft grundsätzlich 500 l/sec, am 20. Juni allerdings nur 330 l /sec und nur von 12.45 Uhr bis 13.15 Uhr. Danach sank die Leistung. Grund dafür ist die Tatsache, dass sich das Wasser aufgrund des verstopften Rechens an der Odenthaler Straße bereits oberirdisch einen Weg gebahnt hatte und nicht in die dafür vorgesehene Pumpstation lief. Zudem behinderte der mitgespülte Schlamm den Zulauf zu den Pumpen.

Die viele Jahrzehnte alte Verrohrung des Strunder Bachs reicht aus heutiger Sicht bei weitem nicht mehr aus. Im Rahmen des Hochwasserschutzkonzeptes des Strundeverbands wird daher eine neue Verrohrung mit mehr als doppeltem Querschnitt entstehen. Diese Maßnahme wird helfen, die Stadtmitte besser vor großen Wassermassen zu schützen. Zudem wird der Hebborner Flutgraben, der heute die gesamte Stadtmitte unterquert, auf kurzem Weg an dieses neue Rohr angeschlossen. Diese Maßnahme ist bereits geplant und finanziert.

Anmerkung: Der in der Buchmühle offen gelegte Bachlauf ist nur als gestalterisches Element im Strundepark gebaut worden, hat aber keinerlei Funktion im Hochwasserschutz. Diesem Zweck dient der heutige alte „Strundekanal“ und ihn wird zukünftig allein die unterirdisch auszubauende „Strundeverrohrung“ ausüben.

Konsequenzen für die Zukunft

Die Zusammenarbeit zwischen Feuerwehr und Abwasserwerk wird zukünftig weiter ausgebaut. Im Ernstfall sollen die Fachleute des Abwasserwerks und die Kräfte der Feuerwehr an neuralgischen Punkten gemeinsam nach einem detaillierten Einsatzplan eingesetzt werden.

Der Rechen an der Odenthaler Straße wird nochmals kontrolliert und geprüft, ob die Installation eines Vorrechens sinnvoll ist, bzw. wo der dafür geeignete Platz ist.

Einzelne Bereiche des Hochwasserschutzes müssen nochmals geprüft werden, z.B. am Frankenforstbach, da die behördlichen Modellrechnungen offensichtlich nicht dem realen Bedarf entsprechen.
                                       
Fazit der Stadtverwaltung: Die Natur kann man nicht sicher beherrschen, aber man kann viel dafür tun, dass sich Schäden im Rahmen halten. Der Schutz vor Hochwasser und Kanalüberflutungen in Bergisch Gladbach hat in einigen Teilbereichen funktioniert, in anderen nicht. An diesen Stellen wird weitergearbeitet.

 

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